Der Mond kreist nicht um die Erde
Ok, Hände hoch: Wer glaubt noch, dass sich die Sonne um die Erde dreht? Niemand? Okay. Aber früher hatte das jeder geglaubt. Es sah ja auch so aus. “Die Sonne geht im Osten auf. Die Sonne geht im Westen unter. Die Sonne geht im Osten wieder auf. Also geht die Sonne um die Erde herum!” Das war vom Gefühl her logisch. Aber es stimmt nicht. Die Sonne dreht sich nicht um die Erde. Das wissen wir alle, aber jetzt erst.
Und warum glauben so viele Menschen, dass sich der Mond um die Erde dreht? Das stimmt nämlich auch nicht. Aber lass uns mal 500 Jahre zurückgehen, damit wir eine Vorstellung bekommen, wie schwer es für die Wissenschaft ist, allgemein anerkannte “Fakten” zu ändern.
Nikolaus Kopernikus war um fünfzehnhundertzehn der erste, der ein heliozentrisches — also ein auf die Sonne zentriertes — Sonnensystem vorschlug. Aber das tat er nicht öffentlich. Kopernikus verschickte privat Briefe an andere Astronomen. In diesen Briefen erklärte er, warum das allgemein anerkannte erdzentrierte Sonnensystem zugunsten eines einfacheren, aber astronomisch korrekten, sonnenzentrierten Sonnensystems verworfen werden sollte. Kopernikus Schwierigkeit, für das sonnenzentrierte Sonnensystem Anhänger zu finden, hing vor allem von seiner kühnen konzeptionellen Behauptung ab, dass sich die Erde dreht.
Kopernikus’ Konzept einer sich drehenden Erde stand im direkten Widerspruch zu fünf Aussagen in der Bibel , dass die Erde “auf einem festen Fundament gegründet ist, und dass sie sich nie bewegt”. Die katholische Kirche wollte natürlich vermeiden, dass diese “Weltanschauung” herausgefordert oder verändert wird. Kopernikus hatte also viel zu verlieren, wenn er als Kirchenmann mit seiner revolutionären heliozentrischen Theorie an die Öffentlichkeit gehen wollte.
Einhundert Jahre später kam Galileo Galilei und er war nicht so zurückhaltend. Galileo hatte nämlich Beobachtungsbeweise, die ihn bestätigten. Er hatte ein Teleskop!
Anfang sechzehnhundertzehn beobachtete Galilei zum ersten Mal die Monde des Jupiters — und zeichnete ihre Bahnen auf. Ja, die Monde des Jupiters kreisen tatsächlich um Jupiter. Sie umkreisen den Riesenplaneten in echten Bahnen, anders als unser Mond, der mit der Erde um die Sonne kreist, wie wir gleich sehen werden. Galilei wurde berühmt oder berüchtigt, weil er Bahnbewegungen entdeckte, die nicht heliozentrisch waren und die nicht in das anerkannte Weltbild passten. Und damit brachte er die erdzentrierte Kosmologie der damaligen Zeit ins Wanken. Faktisch war Galilei ein Revolutionär!
Später im selben Jahr beobachtete Galileo durch sein Teleskop, das nur eine Öffnung von achtunddreißig Millimetern hatte, dass der Planet Venus Phasen durchläuft, so wie unser Mond Phasen durchläuft. Galilei schrieb auf Lateinisch in sein Notizbuch: “Die Venus ahmt den Mond nach”. Eine andere Erklärung für diese Beobachtungen als diese gab es nicht: Die Venus umkreist die Sonne. Galilei stellte sein Fernrohr auf dem großen Platz von Pisa auf, damit die Leute durchschauen konnten, aber sie hatten Angst, dass ihr Weltbild “revolutioniert” werden würde. So seltsam das jetzt klingt, aber wir erleben gerade etwas Ähnliches, wenn wir sagen, dass der Mond die Sonne umkreist und sich wie ein Doppelplanet mit der Erde verhält.
Viele Leute, auch in der Wissenschaft, beharren hartnäckig darauf, den “Mond” als das zu betrachten, was er laut offiziellem Namen der Internationalen Astronomischen Union ist. Er ist ein Erdmond, der die Erde umkreist und seine verschiedenen Phasen im Laufe des Mondmonats zeigt — oder “Lunation”, wie in Fachkreisen der Neunundzwanzig-Komma-Fünf-tägige Zyklus der Mondphasen auch genannt wird.
Der Lieblingstag der Mondliebhaber ist natürlich der Mon(d)tag. Der kommt direkt nach Sonn(en)tag.
Aber zurück zur Wissenschaft. So werden die Mondphasen in unseren Schulbüchern dargestellt. Das ist, was die Menschen heute glauben. Die Erde ist der Mittelpunkt und der Mond bewegt sich auf einer Kreisbahn um die Erde. Das ist die geozentrische Sicht auf den Mond. Das, was wir von der Erde aus beobachten. “Der Mond geht auf. Der Mond geht unter. Der Mond geht wieder auf. Der Mond dreht sich um die Erde.” Aber das ist nicht das, was im Weltraum passiert. Es wird höchste Zeit, dass wir den Mond “kopernikusmäßig” betrachten. Wir müssen anfangen, den Mond aus einer heliozentrischen Perspektive zu betrachten, so wie wir es mit allen anderen Objekten im Sonnensystem tun.
Zunächst einmal zeigt die geozentrische Sichtweise der Mondphasen, dass die Erde stationär ist und sich einen ganzen Mondmonat lang im Zentrum der Mondbahn befindet. Aber die Erde ist überhaupt nicht stationär! Wir rasen mit einer sehr hohen Geschwindigkeit um die Sonne, zwischen einhundertsechs- und einhundertneun Tausend Kilometer pro Stunde. Deshalb ist jede Darstellung des Mondes, der sich um eine starre Erde bewegt, irreführend — und falsch. Die heliozentrische Ansicht der Erde und des Mondes, die sich gemeinsam im Weltraum bewegen, sollte in etwa so aussehen: der Mond dreht sich nicht um die Erde, sondern er bewegt sich zusammen mit der Erde — um die Sonne. Die Bahn des Mondes um die Sonne ist eine Sinuskurve, die sich quer zur Erde und mit ihr vorwärts bewegt. Beachte, dass auch der Mond immer vorwärts läuft. Er bewegt sich weder zur Sonne noch zur Erde rückwärts.
Weil sich der Mond also immer vorwärts und sinusförmig bewegt, kann das nicht als “Umlaufbahn” bezeichnet werden. Jedenfalls nicht in dem Sinne, wie die anderen Monde in unserem Sonnensystem ihre Planeten auf elliptischen Bahnen umkreisen. Deshalb ist es falsch, zu sagen: “Der Mond umkreist die Erde.” Aussagen wie: “Der Mond umkreist die Sonne zusammen mit der Erde” oder “Der Mond und die Erde umkreisen beide die Sonne”, würden Kopernikus und Galileo gutheißen. Aber die heutige Wissenschaft hat Schwierigkeiten, eine heliozentrische Sichtweise des Mondes zu akzeptieren. Vielleicht müssten zu viele Bücher neu gedruckt werden. Oder zu viele Astronomieprofessoren müssten zugeben, dass sie sich ihre ganze Karriere lang geirrt haben. Also werden Einwände vorgebracht, mit denen verhindert werden soll, dass das revolutionäre heliozentrische Bild des Mondes allgemeine Akzeptanz findet. Einer dieser Einwände lautet, dass der Mond das Gravitationsfeld der Erde nie verlässt und daher zu Recht als Mond der Erde bezeichnet wird — ein “Orbital”, um den astronomischen Begriff für Satellit zu verwenden.
Natürlich verlässt der Mond nie das Gravitationsfeld der Erde, sonst würden wir ihn ja verlieren! Die allseits bekannte Darstellung zeigt, dass sich der Mond innerhalb des Gravitationspotentials “UM” die Erde herum bewegt. Das tut er aber nicht. Der Mond bewegt sich nie zurück zur Erde, wie es bei einer elliptischen Umlaufbahn der Fall wäre. Der Orbital-Beweis, den Astronomen mit dem Gravitationsfeld vorgelegt haben, kann zurückgewiesen werden, weil sie den Fakt der kontinuierlichen sinusförmigen Vorwärtsbewegung des Mondes nicht berücksichtigt oder zu sehr vernachlässigt haben. Die Fluchtgeschwindigkeit, mit der der Mond das Gravitationsfeld der Erde verlassen könnte, wird mit etwa viertausend dreihundertzwanzig Kilometern pro Stunde angegeben. Relativ zur Erde bewegt sich der Mond derzeit mit einer Geschwindigkeit von dreitausend sechshundert Kilometern pro Stunde. Welche Art von Aufprall wäre nötig, um den Mond um die notwendigen siebenhundertzwanzig Kilometer pro Stunde zu beschleunigen, damit der Mond aus dem Gravitationsfeld der Erde rauskommt? Wenn dazu jemand eine Idee hat und das ausrechnen kann, der schreibt die Lösung bitte in die Kommentare! Wenn das passiert, wäre das nicht gut.
Es gibt noch einen weiteren Einwand gegen die Betrachtung des Mondes aus heliozentrischer Sicht. Dabei geht es um das Baryzentrum des Erde-Mond-Systems. Das Baryzentrum ist das Zentrum der Schwerkraft zwischen Erde und Mond. Stell dir vor, du sitzt auf einer Wippe im Park. Am anderen Ende der Wippe steht ein massiger Lineman eines Profi-Footballteams. Wie weit müsste er sich auf dich zubewegen, damit ihr beide ausbalanciert im Gleichgewicht seid? Stimmt, er müsste sich fast bis zur Mitte der Wippe auf dich zubewegen! Du bist der Mond und der Lineman ist die Erde. Der Gleichgewichtspunkt des Erde-Mond-Systems, das Baryzentrum, liegt über eintausend sechshundertfünf Kilometer im Inneren der Erde. Astronomen weisen darauf hin, dass dieser Gleichgewichtspunkt die Sonne umkreist. Das ist eine heliozentrische Sichtweise. Kopernikus und Galilei würden dem zustimmen. Aber diese Astronomen nutzen für die Animation des Mondes immer die geozentrische Sicht, wie er um die Erde kreist, mit dem Baryzentrum im Inneren. So können sie den Mond weiterhin um die Erde kreisen lassen. Aber es ist nicht richtig, zwei verschiedene Perspektiven in einer Animation zu kombinieren. Du kannst ja auch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!
Das führt uns direkt zum eigentlichen Knackpunkt, der uns davon abhält, zu akzeptieren, dass der Mond die Sonne umkreist: das Doppelplaneten-Rätsel. Die Internationale Astronomische Union weigert sich, Mond und Erde als Doppelplaneten anzusehen. Sie lehnen das ab, weil das Baryzentrum des Erde-Mond-Systems innerhalb der Erde liegt.
Du wirst dich bestimmt daran erinnern, dass die IAU (oder UAI, wenn du die französische Bezeichnung verwenden willst) Pluto zum “Zwergplaneten” degradiert hat. Diese Entscheidung haben sie noch nicht rückgängig gemacht, obwohl es genügend Beweise gibt, dass Pluto der 9. Planet ist. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, was es bedeutet, ein “Erdling” zu sein.
Ein Erdling zu sein, bedeutet, dass wir wissen, dass wir im Weltraum geboren wurden und einen gelblichen Stern am Rande einer Spiralgalaxie umkreisen. Wir — das heißt alle Menschen auf der Erde — leben im Weltraum und sind “Kreaturen aus dem All”. Über uns ist der Mond, der Begleiter der Erde. Wir machen einen großen Fehler, wenn wir den Mond nur durch unsere geozentrischen Parameter betrachten. Unsere gedankliche Ausdehnung in den Weltraum wird durch eine falsche, veraltete, erdgebundene Sichtweise auf den Mond behindert. Das Universum dreht sich nicht um uns. Und der Mond auch nicht.